Wie heute (4. April 2015) in der Zeitung Die Rheinpfalz steht - Auszüge aus der Ausgabe weiter unten - , ist der Windmessmast an der A6 in Betrieb gegangen. So weit, so gut, das Thema ist ja hinlänglich bekannt (Artikel). Man sollte aber dennoch den Artikel nicht achtlos beiseite legen. Es sind die Zwischentöne, die einen hinhorchen lassen. Herr Vollmer von der SWK spricht nun davon, dass der Mast maximal ein Jahr in Betrieb bleibt und diese auch auf andere Standorte übertragbar sein sollen. Früher war von einer einjährigen Betriebszeit die Rede, nun möchte man wahrscheinlich verkürzen, weil das gesamte Projekt in Schieflage geraten ist und vor 2017 beendet werden soll. Ab dann gelten nämlich ganz andere Förderbedingungen und dies bedeutet weniger Geld für die SWK und kooperierende Unternehmen. Und was die Nutzung der Daten für andere Standorte angeht, sind zwei Optionen denkbar: a) Bau von 2-4 Anlagen auf dem Gersweilerkopf, und b) Weitergabe an den Kreis, der auf seinem Gebiet bauen möchte. Beide Optionen sind für die Bürger der Stadt relevant. Es wäre angebracht, die Karten auf den Tisch zu legen, bevor Volkes Seele kocht.

Windmessmast in Betrieb genommen

Der Windmessmast an der A6 im Osten der Stadt, den die Stadtwerke aufgestellt haben, ist in Betrieb gegangen. Das hat Stadtwerke-Vorstand Markus Vollmer auf Anfrage der RHEINPFALZ erklärt. Die Messeinrichtungen liefern Daten über die Windverhältnisse, frühestens im Sommer lägen erste Ergebnisse vor, erklärte Vollmer. Die Anlage bleibe maximal ein Jahr lang in Betrieb, dann seien umfangreiche Daten vorhanden. Diese seien eventuell auf andere potenzielle Standorte für Windenergie in der näheren Umgebung übertragbar. Die Stadtwerke hatten den Mast am Rastplatz Langenberg aufgestellt, weil sie dort Windräder errichten wollten (wir berichteten). Oberbürgermeister Klaus Weichel hatte das Projekt jedoch mit Verweis darauf gestoppt, dass die SGD Süd dem Entwurf des Flächennutzungsplans nur zustimmt, wenn die Sondergebietsausweisung für die Windenergienutzung an der A6 entfällt. Somit wird es nichts mit Windrädern. Wie Vollmer ausführte, wird der Mast, der für gut 200.000 Euro gemietet worden sei, nach Abschluss aller Messungen wieder abgebaut. (dür)

Quelle

Ausgabe Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung - Nr. 79
Datum Samstag, den 4. April 2015
Seite 15

Windmessmast - Fragen kostet ja nichts

Jetzt steht er da. Der Mast, der den Wind misst. Eigentlich hätte er dort gar nichts zu suchen. Die Stadtwerke haben den Windmessmast − klasse Wort! − für 200.000 Euro gemietet, weil sie dort Windräder hinbauen und deshalb wissen wollten, woher der Wind weht. Offenbar wussten sie nicht, dass dort keine Windräder gebaut werden dürfen. Das hat ihnen dann der OB als ihr Aufsichtsratsvorsitzender gesteckt. Fatal. Oder auch: dumm gelaufen. Jetzt steht er jedenfalls da. Am Rastplatz Langenberg an der A6. Hat in dieser Woche seine Messungen aufgenommen. Wind hat genug geweht. Dank Niklas. Und er soll auch weiter messen dürfen, der Mast. Vielleicht lassen sich die Daten für ein anderes Windenergieprojekt nutzen, meinen die SWK. Ja klar, vielleicht können die Stadtwerke mal bei Vattenfall anfragen. Die bauen gerade 90 Kilometer von Sylt entfernt den Offshore-Windpark Sandbank. Die können bestimmt Daten gebrauchen. Fragen kostet ja nichts.

Quelle

Ausgabe Die Rheinpfalz - Pfälzische Volkszeitung - Nr. 79
Datum Samstag, den 4. April 2015
Seite 16

Was hat das Wahrzeichen von Helgoland mit den Windkrafträdern in der Pfalz zu tun? Das Rathaus in KL besitzt sicherlich optisch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem markanten Felsen mitten in der Nordsee. Eine zweite Beziehung besteht durch das sogenannte "Helgoländer Papier", in dem für Naturschützer wichtige Kennzahlen festgehalten werden. Für bedrohte oder gefährdete Vogelarten sind in dem Papier, welches nun in der Version II vorliegt (Zwischenentwurf hier), jeweils Abstände zu den Horsten (Nestern) definiert, die beim Bau von Windkraftanlagen berücksichitgt werden müssen. Dass nun für den Rotmilan größere Abstände als früher festgelegt werden, sorgt natürlich für Wallungen bei den Planern und zukünftigen Betreibern von Anlagen. Diese Sicht ist zumindest nachvollziehbar, wenn auch nicht immer akzeptabel - Details zur Gefahr für Vogelarten findet man hier.

Was man aber soll man davon halten, wenn selbst Umweltministerien die neuesten Erkenntnissen von Ornithologen nicht begeistert umsetzen? Worin liegt der Vorteil für die Natur, wenn anscheinend taktiert wird und der Prozess verlangsamt wird? Eine Beschreibung aktueller Geschehnisse findet sich in einem Rundbrief des Dachverband Deutscher Avifaunnisten (DDA). Man kann eine Verbitterung beim Leser dieses Rundbriefs verstehen. Es ist einer der seltenen Momente im politischen Bürgeralltag, wo die Beziehungen hinter den Kulissen recht deutlich werden. Die offensichtliche Aufgabentrennung durch Definition der Zuschnitte von Ministerien in Rheinland-Pfalz wird hinter den Kulissen aufgehoben und das Umweltministerium von Frau Höfken gibt anscheinend den Bremser, um dem Wirtschaftsministerium von Frau Lemke in die Karten zu spielen. Sollte es da nicht besser sein, wenn der Umweltschutz eine Abteilung im Wirtschaftsministerium wird? Da hätte man auch direkt Vorteile für den Weinbau in Rheinland-Pfalz. Daher kann man fragen, ob grün gut ist. Dies wurde leider bereits schon einmal diskutiert (hier).

Nun scheint die Bremse etwas gelockert worden zu sein, das Papier geht in die nächsten Instanzen. Was bedeutet dies für die etlichen Vorhaben in unserem Land? Es ist absehbar, dass bei zukünftigen Projekten die neuen Erkenntnisse angewendet werden müssen. Der genaue Zeitpunkt ist noch unklar, aber es kann auch schnell gehen. Der Rotmilan bekommt eine Vergrößerung des Abstandes von 1.000 Meter auf 1.500 Meter zugesprochen, was bedeutet, dass eine Erhöhung des Risikos für die Planer der Anlager entsteht, denn die Flächen für den Bau von Windrädern werden durch die größeren Abstände eingeschränkt.

Was bei dem Helgoländer Papier II gefällt: die Änderungen baiseren auf wissenschaftlichen Untersuchungen zur Gefährdung von Vogelarten durch Windkraftanlagen. So wurden Rotmilanen Rucksäcke aufgeschnallt, die Geräte zur Datenerfassung trugen. Eine ganze Menge Aufwand, um die Natur zu erhalten, der rechtfertigt, dass man die Auswertungen und die Konsequenzen ernst nimmt.

Der Windkraft steckt ein Attribut an: grün = gut = sauber. In der Tat scheint die Stromgewinnung ohne das Verbrennen fossiler Stoffe nur Vorteile mit sich zu bringen. Kein CO2 wird erzeugt. Leider werden aber für Windräder im Wald so viele Bäume abgeholzt, dass die CO2-Bilanz negativ ausfällt. Es müssen für jedes im Wald gebaute Windrad 2 ha Wald gerodet werden, der bis dahin jährlich 13 Tonnen CO2 aufgenommen, den Kohlenstoff gebunden hat und den Sauerstoff abgegeben hat. Jedes Windrad reduziert zwar ungefähr 4,5 Tonnen CO2, tatsächlich wird jedoch aufgrund des Zertifikatehandels mit Verschmutzungsrechten nicht eine einzige Tonne CO2 eingespart. China und Russland dürfen mehr von diesem Stoff in die Atmoshäre blasen. Negativbilanz pro Windrad also: 13 Tonnen CO2 jährlich.

Interessant ist auch ein GEO-Artikel aus dem Jahr 2010. Die aus Glasfaser und Harz gegossenen Flügel der Windindustrieanlagen sind zwar leicht aber toxisch. Hoch belastende Gifte können nicht einfach entsorgt werden, sondern müssen bei 2000 oC verbrannt werden.

Da fragt man sich wirklich, ist das noch wirklich grün?

In den letzten Monaten sind wir durch die eine oder andere Diskussion mit Windkraftbefürwortern gegangen. Besonders ein Argument wurde dabei oft belächelt: der Abwurf von Eisstücken im Winter. Das sei nur Panikmache, oder den "Eiswurf" gebe es nicht. Klar, es ist nicht so, dass man in den Monaten November bis Februar massenhaft Eiszapfen durch die Luft fliegen sieht. Aber ein Risiko besteht. Auf solche Risiken muss auch der Betreiber hinweisen. Letztens waren ein Nachbar und ich noch einmal bei den Windrädern auf dem ZAK-Gelände. Hier hat sich seit unserem letzten Besuch einiges getan.

Es geht also doch. Was denn? Na, keine Windräder auf Stadtgebiet zu bauen.

Monstranzartig wird von den Befürwortern der Windenergie in Rheinlad-Pfalz die Behauptung vor sich her getragen, dass jede Gemeinde und Stadt ihren Beitrag zu leisten hat. Zwei Prozent der Landesfläche werden als Ziel für die Bebauung mit Windindustrieanlagen ausgegeben. Daraus wird dann abgeleitet, dass jeder, sofern er kann, diesen Beitrag zu leisten hätte. Wirklich alle? Es scheint Städte zu geben, die gleicher sind.

In einem Regionalplan, der Flächen aus 3 Bundesländern unterbringt, wird für die Region Rhein-Neckar festgelegt, wo Windräder gebaut werden dürfen. Die großen Städte Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz), Mannheim und Heidelberg (beide Baden-Württemberg), sowie Frankenthal (RLP) bleiben frei von Windrädern. Dies ist im aktuellen Regionalplan-Dokument dargestellt. Die folgende Grafik ist verlinkt, mit einem Klick kann eine größere Version angesehen werden. Die Grafik stammt aus dem Regionalplan-Dokument, Seite 69.

Man muss sich also fragen, warum dies nicht auch in Kaiserslautern geht? Bei anderen rheinlad-pfälzischen Großstädten werden die Ziele des Landesentwicklungprogramms IV anscheinend auch nicht so intensiv umgesetzt. Trier, Koblenz und unsere Landeshauptstadt Mainz haben keine Windräder in Zonen, die so nah wie diejenigen in Kaiserslautern geplant werden (Klick auf den Städtenamen öffnet aktuelle Version des Flächennutzungsplans der Stadt, im Fall von Mainz den Raumordnungsplan 2011). Und auch die Stadt Sinzig, dort wo unsere Wirtschaftministerin E. Lemke - treibende Kraft bei der Windenergie in Rheinland-Pfalz - wohnt, kann als windkraftfreie Zone bezeichnet werden. Scheint so, als wenn Kaiserslautern einen eigenen Weg gehen möchte und quasi in die Vorbildfunktion für Oberzentren in Rheinland-Pfalz schlüpfen möchte. Oder ist Kaiserslautern am Ende etwa gar kein Oberzentrum mehr?

Die folgende Tabelle fasst die Ergebnisse einer eigenen Analyse der Planungen rheinland-pfälzischer Oberzentren zusammen. Stand ist eine Internetrecherche vom 15. November 2015.

 
Oberzentrum Bezug

Stadtfläche
[ha]

Anteil
Konzentrations-
gebiete
an der Stadtfläche

Potential-
fläche

[ha]

Entfernung
zum
Stadtzentrum
[km]

Entfernung
zur
Wohnbebauung
[km]
Gebietsbezeichnung
Kaiserslautern Entwurf FNP 2025 13.970 1,42% 28,3 3,5 0,8 Gersweilerkopf / Fichten
169,7 4,5 0,5 Ost (nördlich und südlich der A6)
Koblenz Eignungsuntersuchung Windenergie 10.500 0,3% 33 7 1 Rübenach
Ludwigshafen Regionalplan Rhein-Neckar 7.768 0%   - - keine Gebiete geplant
Mainz Bestand 9.771 1% 7,21 6 1 Ebersheim-Nord
Bestand 5,81 9,5 0,8 Ebersheim-Süd/Nieder-Olm
Regionalplan Rheinhessen-Nahe 802 6 1 Ebersheim/Hechtsheim
Trier Vorentwurf FNP, Stand Januar 2014 11.710 0,5% 67 8 ca. 2 Zoonenberg (Ehrang-Quint)

FNP = Flächennutzungsplan

Fußnoten:

1 Quelle „30 % Regenerativstrom Mainz 2020“ Machbarkeitsstudie für die Stadt Mainz unter Berücksichtigung des Versorgungsgebietes der Stadtwerke Mainz AG

2 Flächenangabe laut Bericht Allgemeine Zeitung

Man kann nicht nur erkennen, dass in Kaiserslautern die Fläche "Gersweilerkopf / Fichten" fast die halbe Entfernung zum Stadtzentrum der anderen rheinland-pfälzischen Oberzentren unterschreitet, sondern auch, dass manche Oberzentren einen Mindestabstand von 1.000 Metern zur nächsten Wohnbebauung pflegen.

Wäre es zuviel gefragt, wenn für Kaiserslautern die gleichen Rechte eingefordert werden, wie für andere Oberzentren auch? Passen die Argumente der Stadtplaner anderer Oberzentren nicht auf die hiesigen Verhältnisse? Schwer zu beurteilen, aber allemal eine Analyse wert.